Was ist naturnahe Begrünung?

>>  Naturräumliche und standörtliche Gegebenheiten – vor allem Klima und Boden – werden be­rück­sichtigt.
 
>>  Die angesäten oder gepflanzten Arten kommen in dieser Region von Natur aus vor. Ideal ist zudem, wenn sie denselben Ökotypen entsprechen, d.h. genetisch von Pflanzen aus diesem Natur­raum abstammen.
 
>>  Es ist nur eine extensive Pflege erforderlich, nachdem sich die Vegetation einmal etabliert hat.


Begrünungsziele

Eine Begrünung kann sich spontan entwickeln (natürliche Sukzession), kann auch eine Gehölz­pflan­zung umfassen. Meistens bedeutet Begrünung jedoch die gezielte Anlage von Wiesenflächen.
Das Entwicklungsziel orientiert sich an den Standortverhältnissen. Nährstoffgehalt des Bodens und Wasserhaushalt sind die wichtigsten Standortfaktoren.
 
>>  Ruderalflächen und Schotterrasen
Auf meist trockenen und mageren Böden entwickelt sich oft eine artenreiche Vegetation, die nicht regelmäßig gepflegt werden muss. In der Natur finden sich diese Verhältnisse vor allem in Felsregionen; vergleichbare Standortbedingungen können aber auch Bauaktivitäten oder Materialablagerungen entstehen.
 
>>  Magerwiesen / Magerrasen
Etwas weniger extreme Standorte zählen von Natur aus zu den artenreichsten Lebensräumen überhaupt. Auf nur 20 m² wachsen hier bis zu 70 verschiedene Blumen und Gräser. Natürliches Vorbild für Magerwiesen sind vor allem Trespenwiesen (Halbtrockenrasen), die nicht gedüngt und einmal jährlich gemäht werden.
 
>>  Glatthaferwiesen
Glatthaferwiesen werden zwei- bis dreimal jährlich gemäht. Sie sind das natürliche Vorbild für viele Blumenwiesen. Obwohl nicht so artenreich und weniger seltene Arten enthaltend als Magerwiesen, sind sie ausgesprochen attraktive Lebensräume. Zudem können sie nach der ersten Mahd, die im Juni oder Juli erfolgt, im Spätsommer bis Herbst nochmals zur Blüte ge­langen.

Ruderalstandorte sind oft sehr bunte Lebensräume – hier Natternkopf (Echium vulgare) und Resede (Reseda lutea). Die Wilde Karde (Dipsacus sylvestris) ist eine zweijährige Art auf Ruderalstandorten: Im ersten Jahr entwickelt sich die Blattrosette, im zweiten dann die Blüte mit den Samen. Trespenwiesen oder Halbtrockenrasen sind ausgesprochen artenreiche Lebensräume – bei kleinmaßstäblicher Betrachtung sogar die pflanzenartenreichsten Lebensräume weltweit. Die Bezeichnung Trespenwiese leitet vom Leitgras ab, der Aufrechten Trespe (Bromus erectus).
Neu angelegte Blumenwiesen enthalten zahlreiche Pflanzen der Glatthaferwiesen. Glatthaferwiesen sind traditionell zweimal jährlich gemähte Heuwiesen, als Wirtschaftswiesen aber in vielen Regionen selten geworden. Der Glatthafer (Arrhenatherum elatius) ist das Leitgras der Glatthaferwiesen. Ursprünglich in Mitteleuropa nicht heimisch, wurde die Art als ideales Heugras für die einst übliche Nutzungsform von unseren Vorfahren gezielt angesät. Glatthaferwiesen sind als Blumenwiesen auch im Siedlungsraum geeignet, da sie nach dem ersten Schnitt eine zweite – meist nicht mehr so üppige – Blüte im Spätsommer zeigen. Bei geschickter Gestaltung können künstlich geschaffene Standorte zu Lebensräumen für seltene Arten werden. Im Bild eine Helmorchis (Orchis militaris) auf einer Dammböschung.
 


Anlage einer Blumenwiese

Standortverhältnisse
 
>>  Wichtig sind nährstoffarme Böden. Daher nährstoffarme Substrate verwenden und auf Humusierung verzichten.
 
>>  Bei hohem Nährstoffgehalt die obersten Bodenschichten abtragen und /oder durch Unter­mischen von Sand bzw feinem Kies ausmagern.
 
>>  Wenn im Boden ein großer Samenvorrat an unerwünschten Arten vorhanden ist, die auf­kom­menden Keimlinge vor der Ansaat durch Eggen bei trockener Witterung beseitigen. Dies bei Bedarf nach etwa drei Wochen wiederholen.

Begrünung
 
>>  Auf eine geeignete Saatgutmischung mit Wiesenarten achten! Viele im Handel angebotene Billigmischungen enthalten vor allem einjährige Ackerwildkräuter wie Klatschmohn oder Korn­blumen. Diese blühen sie nur im ersten Jahr, solange offene, einem Acker vergleichbare Standortverhältnisse vorhanden sind.
 
>>  Es sollten ausschließlich hochwertige Saatgutmischungen mit einer standorttypischen Zusammensetzung aus heimischen Arten verwendet werden, die keine Problemarten (zB Kreuzkräuter) enthalten. Geeignet sind auch Heublumen aus artenreichen Wiesen.
 
>>  Eine Alternative zur herkömmlichen Ansaat ist die Mähgutübertragung. Dazu wird frisches Mäh­gut einer blumenreichen Wiese aus der Umgebung, die im Sommer zur Zeit der Samenreife der meisten Pflanzen gemäht wird, ausgebracht.
 
>>  Wiesenpflanzen sind Lichtkeimer. Deshalb das Saatgut nicht in die Erde einarbeiten, sondern nur andrücken.
 
>>  Im Frühjahr (April bis Juni) ansäen. Dies verschafft Blumen einen Entwicklungsvorsprung; Herbst­saaten hingegen begünstigen eher Gräser.

Pflege
 
>>  Die begrünten Flächen nicht betreten, bis sich eine stabile Grasnarbe gebildet hat.
 
>>  Bei Bedarf verhindert ein „Schröpfschnitt“ (Säuberungsschnitt) einige Wochen nach der Ansaat das Aufkommen unerwünschter Arten. Besonders hartnäckige Arten wie Stumpfblättriger Ampfer sollten möglichst frühzeitig ausgestochen und mit den Wurzeln entfernt werden.
 
>>  Langfristig erfolgt die Pflege durch Mahd mit Abfuhr des getrockneten Mähguts. Eine Düngung ist normalerweise nicht notwendig.
 
>>  Beim Mähen auf die Tierwelt Rücksicht nehmen. Balkenmähgeräte sind wesentlich schonender als rotierende Mähwerke. Auch eine Mahd mit der Sense schont tierische Wiesenbewohner. Und nicht zu tief mähen!
 
Blumenvielfalt in einer bestehenden Wiese fördern
 
>>  Grundsätzliche Voraussetzung für Blumenvielfalt ist eine naturnahe Pflege, d.h. je nach Wüch­sig­keit ein- bis dreimal jährlich mähen, das Mähgut entfernen und möglichst nicht düngen.
 
>>  Wiesenblumen sind Lichtkeimer. Eine flächige Einsaat von Blumen in eine bestehende Wiese ist deshalb zwecklos. Dies müsste öfters wiederholt werden, was auch aus finanziellen Gründen schwierig machbar ist.
 
>>  Gezieltes Einbringen von Wiesenblumensamen ist nur auf offenen Bodenstellen erfolgs­ver­sprechend, die beispielsweise durch Wühlmäuse oder Maulwürfe verursacht wurden.
 
>>  Auch die Ansaat von Klappertopf (vor allem Rhinanthus alectorolophus) fördert Blumen. Diese Art ist ein Halbschmarotzer, die mit ihren Wurzeln Nährstoffe von Gräsern saugt und sie da­durch schwächt. Aus landwirtschaftlicher Sicht ist der Klappertopf daher nicht gern gesehen. Wiesen­blumen können sich in der Folge jedoch leichter etablieren.
 
>>  Als „sanfte“ Alternative kann frisches Mähgut einer artenreichen Wiese, beispielsweise eines blumenreichen Wegrandes, auf der Empfängerfläche getrocknet (geheut) werden. Dadurch fallen die Samen aus. Wird dies mehrmals wiederholt, können sich mit der Zeit Arten der Ziel­vegetation etablieren.
 
>>  Sollen große Flächen in Blumenwiesen umgewandelt werden, ist eine sogenannte „Zebrasaat“ möglich: Dabei werden einige Meter breite Streifen gefräst und anschließend zu Blum­en­wiesen entwickelt. Ziel ist, dass sich die Blumen im Laufe der Zeit auch in die an­gren­zen­den Flächen ausbreiten.


Links des UMG zum Thema

>>  Bauvorhaben und Naturschutz - Begrünung
 
>>  Blumenwiese
 
>>  Naturnahe Begrünungen
 
>>  Autochthon - Allochthon
 
>>  Heimische Gehölze
 
>>  Tierschonende Mahd
 
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>>  Damm, Böschung, Wegrand
 
>>  Wildbienen
 
>>  Klappertopf (Rhinanthus) und Wiesenvielfalt
 
>>  Die artenreichsten Lebensräume der Erde
 
>>  Neophyten und Insekten
 
>>  Artenvielfalt im Garten
 
>>  Biodiversität beeinflusst Produktivität
 
>>  Vorarlberger Wiesenmeisterschaft



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